Beschäftigungsschub durch Tesla im Landkreis Oder-Spree – Mieten und Kaufpreise stärker gestiegen
Seit Tesla sich für Grünheide als Standort seiner vierten Gigafactory entschieden hat, ist klar: Die zuvor wenig beachtete Region um das 8.000-Einwohner-Speckgürtelstädtchen im Osten Berlins gilt nun als eine, die in vielerlei Hinsicht beflügelt und Veränderungen erfahren wird. Grünheides Bürgermeister bezeichnete die Tesla-Ansiedlung als „Sechser im Lotto“.
Der Landkreis Oder-Spree galt lange Zeit als Schrumpfungsregion, was sich klar belegen lässt: bis 2013 ging die Einwohnerzahl zurück, es gibt bis heute einen kontinuierlich zunehmenden Sterbeüberschuss und eine geringe Wirtschaftskraft, das Durchschnittsalter stieg innerhalb der letzten 15 Jahre von 44 auf 48 Jahre. Aber: In den letzten Jahren profitierte der Landkreis zunehmend von der Zuwanderung aus Berlin, wenn auch weniger stark als andere Landkreise in Brandenburg. Die Tesla-Fabrik wird jedoch mehr Arbeitsplätze und Zuzüge bedeuten. Das führt zu weitreichenden infrastrukturellen Veränderungen und vor allem zu einem enormen Bedarf an Wohn- und Gewerbeflächen in der Region um Grünheide.
Das Berliner Umland stand schon vor Tesla im Investoren-Fokus – der Osten aber nur bedingt
Angesichts von langfristig bis zu 40.000 Tesla-Beschäftigten und potenziellen Zulieferer-Ansiedlungen betreffen die Auswirkungen nicht nur den Landkreis Oder-Spree. Auch Berlin (das Zentrum von Berlin-Köpenick ist rund 20 Kilometer entfernt) und andere Teile des Hauptstadt-Umlands werden durch die Ansiedlung der weltweit vierten Gigafactory Veränderungen erfahren. Die stark anziehenden Preise in Berlin waren schon vor der Landung des Tesla-Ufos ein Grund, warum das Berliner Umland seit einigen Jahren in den Fokus von Investoren rückt. Nur im Osten Berlins war diese Entwicklung bisher weniger spürbar. Der Landkreis Oder-Spree ist eigentlich ein dünn besiedelter, ländlicher Kreis. Jedoch zeichnet sich jetzt eine zunehmende Spaltung des Kreises in das Berliner Umland und den weiter entfernt gelegenen Südosten ab.
Im März 2021 kam ein Länderbericht der Berliner und Brandenburger Landesregierungen zur Entwicklung des Factory-Umfelds zu dem Ergebnis, dass ein immenser Mehrbedarf an Wohnraum zu erwarten sei, der mit den zur Verfügung stehenden Potenzialen nicht abgedeckt werden könne. Für die erste Bauphase der Gigafactory sind laut dieser Untersuchung noch keine Wohnraumengpässe aufgetreten, aber sicher scheint, dass der Immobilienmarkt durch Tesla noch sehr in Wallung kommen wird. Die Anzeichen zeigen sich schon heute.
Was hat die Tesla-Ansiedlung schon jetzt bewirkt?
Der erste Spatenstich erfolgte im Frühjahr 2020, die ersten Elektroautos rollten im November 2021 vom Band. Aktuell zählt Tesla 1.800 Beschäftigte. Für Grünheides Landkreis Oder-Spree lassen sich aus den Daten- und Analysetools von empirica regio schon einige Veränderungen ableiten:
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Im Juni 2021 lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort in Grünheide bei rund 4.660, im Juni 2020 noch bei 3.400 Beschäftigten. Das führt zu einem sprunghaften Anstieg der Pendler, bereits jetzt pendeln 87 % der Beschäftigten von außerhalb nach Grünheide ein.
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Im Landkreis Oder-Spree lag laut empirica Immobilienpreisindex der durchschnittliche Mietpreis pro Quadratmeter im vierten Quartal 2021 bei 8,83 Euro. Gegenüber dem Vorjahresquartal (4 /2020) sind die Mieten um 12,9% gestiegen. Das ist der stärkste relative Anstieg in Brandenburg in diesem Zeitraum.
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Das Kaufpreisniveau für Eigentumswohnungen (alle Baujahre) liegt im vierten Quartal 2021 bei 3.430 Euro pro Quadratmeter. Gegenüber dem Vorjahresquartal (4 /2020) sind die Kaufpreise um 13,9 Prozent gestiegen, gegenüber dem vierten Quartal 2019 haben sich die durchschnittlichen Kaufpreise fast verdoppelt.
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Die Immobilienblasgefahr – basierend auf der Analyse von Zuwächsen verschiedener Indikatoren und nicht auf dem Überschreiten absoluter Schwellenwerte – schätzt empirica regio als „eher hoch“ ein. Zuletzt war vor allem der Teilindikator Preis-Einkommen stärker gestiegen, der das Verhältnis zwischen den Kaufpreisen und dem durchschnittlichen Nettoeinkommen abbildet.
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Der westlich gelegene Landkreis Dahme-Spreewald, Standort des Flughafens Berlin-Brandenburg, war im Jahr 2020 der Landkreis mit dem höchsten Bevölkerungswachstum in Brandenburg (+1,5%). Der nördlich angrenzende Landkreis Märkisch-Oderland wuchs um +0,7%. Der Landkreis Oder-Spree lag dagegen im Brandenburger Mittelfeld mit +0,3%.
Erst die Wanderungsdaten für 2021 werden zeigen, ob bereits ein verstärkter Zuzug in die Region eingesetzt hat. Ob die neuen Beschäftigten bei Tesla aber auch in den Landkreis Oder-Spree ziehen oder auf benachbarte Regionen und Berlin ausweichen, wird vom verfügbaren und bezahlbaren Wohnraumangebot abhängen.