Exklusive Analyse von empirica regio: Bestandsmieten steigen moderat und damit langsamer als Angebotsmieten
- Median-Bestandsmiete liegt 2023 bei 7,21 Euro pro m²
- Stärkster Anstieg der Neuvertragsmieten in Dahme-Spreewald, niedrigste Mieten in Mittelsachsen
- Stadt München mit 16,30 Euro pro m² teuerster Wohnort Deutschlands – Anstieg von 21 Prozent in fünf Jahren
Der Berliner Marktdatenanbieter empirica regio hat in einer neuen Analyse die Entwicklung der Bestandsmieten in Deutschland untersucht. Die Ergebnisse zeigen eine moderate Steigerung im Bundesschnitt, große regionale Unterschiede und teils überraschende Rückgänge. 2023 lag die Median-Bestandsmiete in Deutschland bei 7,21 Euro pro Quadratmeter. Seit 2018 entspricht das einem Anstieg von gut 14 Prozent, während der 10-Jahresvergleich eine Erhöhung von 34 Prozent zeigt – im Jahr 2013 betrug die Medianmiete noch 5,54 Euro pro Quadratmeter.
Erhebliches Ost-West-Gefälle bleibt spürbar
Die Analyse macht außerdem deutlich, dass es zwischen Ost- und Westdeutschland weiterhin erhebliche Unterschiede gibt. In den ostdeutschen Bundesländern ohne Berlin lag die Medianmiete 2023 bei 6,04 Euro pro Quadratmeter, was einem Zuwachs von 29 Prozent im 10-Jahresvergleich entspricht (2013: 4,67 Euro). In den westdeutschen Bundesländern ohne Berlin wurden 2023 hingegen 7,36 Euro pro Quadratmeter im Median gezahlt, ebenfalls mit einem Zuwachs von 29 Prozent im Vergleich zu den 5,69 Euro aus dem Jahr 2013.
Neuvertragsmieten steigen stärker – vor allem in den Top 7
Die vorliegenden Daten zu den Bestandsmieten ermöglichen auch eine Differenzierung der Wohndauer der Haushalte. Besonders in den letzten Jahren ist ein überproportionaler Anstieg bei den Neuverträgen mit maximal 4 Jahren Wohndauer zu verzeichnen. Dieser lag zwischen 2018 und 2023 bei +19 Prozent und damit 5 Prozentpunkte höher als im Durchschnitt aller Mietverträge. Das Niveau der Neuverträge lag 2023 im Median mit 8,30 Euro rund 15 Prozent höher als der Median aller Mietverträge. Im Jahr 2018 lag der relative Unterschied bei 11 Prozent.
Die Neuvertragsmieten in den Top 7 stiegen mit +21 Prozent seit 2018 noch einmal stärker als im bundesweiten Trend, während das Mietpreisniveau über alle Mietverhältnisse um +14 Prozent gestiegen ist. Damit lag das Niveau der Neuverträge im Jahr 2023 rund 26 Prozent über allen Mietverträgen, 2018 lag dieser Unterschied bei 19 Prozent.
Dahme-Spreewald und Amberg mit den höchsten Mietanstiegen
Besonders deutlich wird der regionale Unterschied bei den Regionen mit den stärksten Mietsteigerungen bei einer Wohndauer von maximal 4 Jahren. Der Landkreis Dahme-Spreewald erlebte zwischen 2018 und 2023 den stärksten Anstieg der Neuvertragsmieten in Deutschland. Hier stiegen die Mieten um 45 Prozent – von 6,40 Euro auf 9,40 Euro pro Quadratmeter. Die Stadt Amberg folgt mit einem Zuwachs von 44 Prozent (5,70 Euro auf 8,20 Euro), während die Landkreise Ostprignitz-Ruppin, Teltow-Fläming und Tirschenreuth jeweils um 42 Prozent zulegten. Grade erklärt diese Dynamik mit einer erhöhten Nachfrage in wachsenden Speckgürteln: „Die hohen Steigerungsraten in diesen Regionen spiegeln die Dynamik wachsender Speckgürtel wider. Hier übersteigt die Nachfrage zunehmend das Angebot und die Fluktuation am Wohnungsmarkt ist hoch, was die Preise der Neuvertragsmieten nach oben treibt.“
Geringe Zuwächse in einzelnen Städten
Im Kontrast dazu stehen einige Städte mit nur langsamen Zuwächsen bei den Neuvertragsmieten in den letzten fünf Jahren. In Mülheim an der Ruhr stieg die Medianneuvertragsmiete von 6,60 auf 6,90 Euro (+5 Prozent), in Chemnitz von 5,10 auf 5,40 Euro (+6 Prozent). Auch Gelsenkirchen, Ulm und Dresden verzeichneten mit jeweils +7 Prozent nur geringe Zuwächse. In diesen Städten sind die Angebotsmieten im gleichen Zeitraum ebenfalls unterdurchschnittlich gestiegen im Vergleich zu anderen kreisfreien Städten.
Unter Berücksichtigung der Inflation ergibt sich in Regionen mit weniger als 13 Prozent Zuwachs bei der nominalen Median-Miete sogar ein realer Rückgang der Mieten. „Diese Entwicklungen verdeutlichen, dass sich in einigen Regionen der Mietmarkt doch weniger dynamisch entwickelt, als oft unterstellt wird, wenn man nur die Angebotsmieten betrachtet. Mieter, Eigentümer und Investoren sollten darum genau hinsehen“, so Grade.
Günstigste Regionen in Mittelsachsen und Chemnitz
Die niedrigsten Bestandsmieten wurden in Mittelsachsen beobachtet, wo der Quadratmeter 2023 im Median 5,30 Euro kostete. Dahinter folgen Chemnitz und der Landkreis Greiz mit jeweils 5,40 Euro pro Quadratmeter. Diese Regionen wiesen zudem nur geringe Mietanstiege auf: Chemnitz verzeichnete ein Plus von 6 Prozent, Mittelsachsen von 8 Prozent.
„Die günstigen Mietpreise in diesen Regionen korrelieren mit hohen Leerstandsquoten. Wer eine neue, bezahlbare Wohnung sucht, wird hier schneller fündig. In sehr ländlichen Regionen gilt aber auch, dass der Mietwohnungsbestand ein kleines Segment gemessen am Wohnungsbestand darstellt. Hier kann es dennoch schwierig sein, eine Mietwohnung zu finden, auch wenn die Mieten niedrig sind“, erläutert Grade. Teuerste Stadt bleibt München
Mit 16,30 Euro pro Quadratmeter bleibt München der teuerste Wohnort Deutschlands. Seit 2018 stiegen die Bestandsmieten dort um 21 Prozent (von 13,50 Euro pro Quadratmeter). Auf Platz zwei folgt Frankfurt am Main mit 13,30 Euro pro Quadratmeter (+19 Prozent), gefolgt vom Landkreis München (12,90 Euro pro Quadratmeter).
„München bleibt der Spitzenreiter – ein klares Zeichen für die Attraktivität der Stadt, aber auch für die anhaltenden Herausforderungen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und zu erhalten“, kommentiert Grade.
Solide Entwicklung in Berlin, Hamburg und anderen Metropolen
Berlin stieg im Ranking der teuersten Städte von Platz 22 (2018) auf Platz 8 (2023). Die Mieten legten um 27 Prozent zu – von 9,00 Euro auf 11,40 Euro pro Quadratmeter. Hamburg bleibt mit 11,00 Euro pro Quadratmeter auf Platz 14, während Stuttgart (11,80 Euro, +15 Prozent) und Köln (11,50 Euro, +17 Prozent) stabile Steigerungen zeigten.
Ein neuer Blick auf das Mietsegment
Analysen zu Mieten beziehen sich meistens auf Angebotsdaten. Diese Daten werden seit einiger Zeit kontrovers diskutiert. Der Vorwurf: öffentlich inserierte Mieten stellen ein Zerrbild der Realität dar. Verschiedene Analysen zeigen, dass der Gesamtmarkt womöglich preiswerter ist als der Teilmarkt der öffentlich, online inserierten Wohnungsangebote. Neuvertragsmieten, die über persönliche Netzwerke oder Wartelisten von Wohnungsunternehmen und Maklern zustande kommen, können tatsächlich nur eingeschränkt beobachtet werden. Der Zensus 2022 hat einmalig den Blick auf den Gesamtmarkt ermöglicht, jedoch nur zu einem Stichtag und das nächste Mal erst wieder mit dem Zensus 2031. Die neuen Zeitreihen zu Bestandsmieten von empirica regio ermöglichen dagegen erstmalig einen Blick auf das gesamte Mietsegment als Zeitreihe ab 2010 und für alle 400 Landkreise und kreisfreien Städte. Ermöglicht wurde dies nun mittels Schätzverfahren auf Basis der „Zusatzbefragungen Wohnen“ des Mikrozensus. Diese wurden statistisch angepasst, die regionsspezifischen Zuschläge für Wohndauer, Baujahr und Wohnfläche kalibriert sowie für sehr großzügig geschnittene Regionen (sogenannte Anpassungsschichten, also zusammengefasste Landkreise) erhobenen Werte mittels Schätzverfahren auf die kleinräumigeren 400 Landkreise und kreisfreien Städte heruntergebrochen.
Die Analyse zeigt, dass die Bestandsmieten deutschlandweit moderat gestiegen sind, während die Neuvertragsmieten stärker zugelegt haben. Die Entwicklung liegt aber unterhalb der Angebotsmieten. „Mit der Veröffentlichung dieses Datensatzes reagieren wir auf die steigende Nachfrage nach verlässlichen Mietdaten, die den Gesamtmarkt abbilden", sagt Jan Grade, Geschäftsführer bei empirica regio. Angebotsdaten stellen aber weiterhin eine wichtige Datenquelle dar. Deren Vorteile liegen in der hohen Aktualität und hohen Frequenz der Datenverfügbarkeit. Die neuen Daten von empirica regio können genutzt werden, um die Unterschiede zwischen Online-Inseraten und Gesamtmarkt besser zu verstehen. „Insgesamt ist der Mietmarkt hierzulande vielfältig und von regionalen Faktoren geprägt. Unsere Daten verdeutlichen, dass eine differenzierte Betrachtung entscheidend ist, um den Wohnungsmarkt zu verstehen und Lösungen zu entwickeln“, resümiert Grade.
Weitere Informationen
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Im empirica paper 273 werden die Neuvertragsmieten aus den neuen Zeitreihen von empirica regio mit dem Zensus 2022 und dem empirica Immobilienpreisindex verglichen. Die Analyse finden Sie zum Download unter folgendem Link: